Die Effizienz einer Wärmepumpe wird von diversen Parametern beeinflusst. Einige davon können Sie zu Ihren Gunsten beeinflussen, andere leider nicht. Diese Optimierung erfordert Zeit, Geduld und Akribie. Ihr Installateur wird diese Zeit nicht haben und ihn dafür zu beauftragen wäre sehr teuer. Deshalb: machen Sie es selbst! Es ist Ihr Geld!
In dieser zweiten Ausgabe der Serie über die Optimierung von Wärmepumpen möchte ich Ihnen die Grundlagen und Tricks vermitteln, wie man den Betrieb einer Wärmepumpe im Heizbetrieb optimiert. Auf die Optimierung der Warmwasser-bereitung gehe ich in der nächsten Ausgabe ein.
Als Voraussetzung sollten Sie die vorhergehende Folge gelesen haben. In dieser Ausgabe werde ich immer wieder darauf verweisen.
Das Ziel.
Der Schlüssel zum optimalen Betrieb einer Wärmepumpe ist die Heizkurve.
In der obigen Grafik sind bewusst keine konkreten Temperaturen für die Eckpunkte der Heizkurve angegeben. Jedes Haus ist anders: Wärmebedarf, Heizflächen und Nutzerverhalten unterscheiden sich. Deshalb kann sich das Niveau, Steilheit und Lage der Ankerpunkte der Heizkurve von Haus zu Haus unterscheiden. Das Ziel ist aber bei allen Häusern dasselbe: die Heizkurve soll so niedrig und so flach wie unter den gegebenen Umständen möglich sein. Gerade so hoch, dass Sie nicht frieren und kein Grad mehr.
Die Wärmepumpen verschiedener Hersteller unterscheiden sich und so auch die Art und Weise wie sich die Heizkurve beeinflussen lässt. Schauen sie in dem Benutzerhandbuch Ihrer Wärmepumpe nach wie das bei Ihrem Modell eingestellt werden kann.
In dem Zusammenhang taucht auch immer wieder die Frage auf, ob man die Wärmepumpe dadurch beschädigen kann. Bitte befolgen Sie diesbezüglich die Anweisungen im Benutzerhandbuch Ihrer Wärmepumpe.
Während der Optimierung kann es passieren, dass es zu kühl wird in Ihrem Haus. Das sollten sie aber riskieren, um sich dem Optimum zu nähern. Kurzzeitig 1-2°C weniger Raumtemperatur als gewünscht sind halb so schlimm.
Einige Wärmepumpen verwenden hydraulische Mischer, Pufferspeicher, mehrere Heizkreise mit unterschiedlichen Steuerungen der Umwälzpumpen. Das kann den Prozess komplizierter und mühsamer machen, aber das Ziel bleibt: die Vorlauftemperatur soll so niedrig wie möglich sein.
Zudem geht die hier beschriebene Optimierung davon aus, dass ihr Haus eine Fußbodenheizung hat und ein hydraulischer Abgleich durchgeführt wurde. Falls nicht nicht, sollten sie den hydraulischen Abgleich zuerst von einem Fachmann machen lassen.
Der erste Schritt: ein Versuch.
Zunächst ist es sinnvoll in einem Versuch zu ermitteln, ob es Optimierungspotential bei Ihrer Wärmepumpe gibt. Wählen Sie dazu einen Raum aus, der möglichst wenig genutzt wird und der während des Versuchs durch keine externen Wärmequellen, z.B. Sonneneinstrahlung, erwärmt wird.
Vorzugsweise sollte es draußen kalt sein, damit auch geheizt werden muss und bedeckt, damit die Sonne das Ergebnis nicht verfälscht.
Den Raum sollten Sie mit einem Thermometer ausstatten und vor Beginn des Versuchs die Temperatur notieren.
Natürlich gibt es auch digitale Thermometer, z.T. mit Bluetooth oder Wifi-Schnittstellen, was die Verfolgung des Versuchs erleichtert und auch im späteren Verlauf der Optimierung nützlich ist.
Nun drehen Sie den Thermostat in diesem Raum voll auf, bis zum Anschlag.
Fußbodenheizungen sind sehr träge, es kann Stunden oder gar Tage dauern bis sich ein neues Gleichgewicht einstellt, evtl. können Sie den Versuch aber auch schon früher abbrechen.
Die Interpretation der Ergebnisse ist einfach: wird es in dem Raum wärmer als gewünscht, ist die Heizkurve zu hoch und es besteht Optimierungspotenzial. Deshalb können Sie den Versuch auch abbrechen, wenn die Temperatur merklich steigt.
Mit einer ideal eingestellte Heizkurve würde gar nichts passieren, der Raum würde auch mit voll geöffnetem Thermostat nicht wärmer als wie Sie ihn haben wollen.
Den Versuch können Sie auch mit dem ganzen Haus und allen Thermostaten durchführen. Dann wird es aber eventuell im ganzen Haus zu warm oder zu kalt und evtl. verschwenden Sie unnötig viel Energie. Deshalb wäre ein einzelner Raum sinnvoller.
Der Optimierungsprozess.
Nun wird es mühsam und zeitraubend. Leider gibt es keinen streng analytischen Weg hier vorzugehen - jedenfalls nicht ohne aufwändige Messtechnik. Es ist eher ein gerichtetes Probieren mit Versuch und Irrtum. Seien Sie also geduldig. Das kann den ganzen Winter dauern. Oder auch zwei.
Einige grundlegende Tipps dazu:
Nutzen Sie weiter den Raum, den Sie schon beim oben beschriebenen Versuch genutzt haben. Er ist gewissermaßen Ihr “Versuchskaninchen”.
Digitale Thermometer wie oben beschrieben sind sehr hilfreich. Sie sollten mehrere nutzen, die sie in wichtigen Räumen oder zentralen Bereichen ihres Hauses platzieren.
Machen Sie sich Notizen zu den Temperaturen, um nachzuvollziehen was passiert. Besonders elegant sind dafür auch digitale-Thermometer mit Bluetooth- oder Wifi-Schnittstelle mit Datenaufzeichnung.
Gehen Sie in kleinen Schritten vor und warten sie ab. Fußbodenheizungen sind sehr träge. Es kann im bis zu mehreren Tagen dauern, bis eine Änderung deutliche Auswirkungen zeigt.
Leider ändert sich auch die Außentemperatur ständig und man muss u.U. einige Zeit warten, bis man wieder vergleichbare Bedingungen hat. Das ist der Aspekt, der am meisten Geduld erfordert.
Schritt 1: das “warme Ende” der Heizkurve anpassen.
Den Bereich oberhalb 0°C Außentemperatur nenne ich das “warme Ende” der Heizkurve. Es ist naheliegend mit der Optimierung hier zu beginnen. Zum einen, weil diese Temperaturen zu Beginn der Heizsaison vorherrschen. Zum anderen, weil die Auswirkungen auf die Raumtemperatur noch relativ klein sein werden. Probieren Sie es einfach aus, um sich mit dem Prozess vertraut zu machen.
Die blauen Pfeile zeigen an was Sie tun sollten: senken Sie die Vorlauftemperatur am oberen Ankerpunkt ab. Verschieben Sie den oberen Ankerpunkt nach links. Gehen Sie schrittweise vor.
In Räumen mit Thermostat auf Wunschtemperatur wird sich zunächst wenig, bis nichts tun, da der Thermostat weiter den Wasserfluss unterbricht, wenn die Raumtemperatur zu hoch ist. Beobachten Sie deshalb den Raum mit dem voll geöffneten Thermostat: sinkt die Raumtemperatur? Ziel ist, dass die gewünschte Raumtemperatur bei voll geöffnetem Thermostat erreicht wird.
Nehmen Sie die Vorlauftemperatur ruhig zu weit herunter - bei den mäßigen Außentemperaturen zu Beginn der Heizsaison ist das nicht so schlimm. Lassen Sie es darauf ankommen: wie weit runter geht es, bevor es zu kühl wird? Wo liegt die Grenze? Probieren Sie es aus!
An einem bestimmten Punkt wird auch die Raumtemperatur in Räumen mit Thermostat sinken, da die Vorlauftemperatur nicht mehr ausreicht und die Thermostate alle voll geöffnet sind. Wenn Sie einen Schritt zu weit gegangen sind, es zu kühl wird, gehen Sie den letzten Schritt wieder zurück.
Bei welcher Außentemperatur der obere Ankerpunkt zu liegen kommt ist individuell vom Gebäude abhängig. Typisch wäre der Bereich 10°C-15°C Außentemperatur. Die Vorlauftemperatur am oberen Ankerpunkt sollte in der Regel die minimal mögliche Vorlauftemperatur der Wärmepumpe sein, z.B. 25°C.
Schritt 2: das “kalte Ende” der Heizkurve anpassen.
Der Prozess am “kalten Ende” der Heizkurve ist im Grunde derselbe. Änderungen können nur schneller zu kühlen Raumtemperaturen führen. Deshalb sollten Sie hier etwas vorsichtiger vorgehen.
Belassen Sie zunächst den unteren Ankerpunkt bei der voreingestellten Außentemperatur und senken Sie die Vorlauftemperatur am unteren Ankerpunkt ab. Beobachten Sie die Temperatur im Versuchsraum bzw. ganzen Haus. Irgendwann werden sie auch hier die Grenze des Komforts erreichen, im ganzen Haus gehen die Thermostate auf bzw. bleiben offen und es wird zu kühl. Dann haben Sie die Grenze erreicht bzw. überschritten.
In einem weiteren Schritt können Sie nun versuchen den unteren Ankerpunkt hin zu tieferen Außentemperaturen zu verschieben um die Kurve flacher zu machen. Dieser Schritt ist optional. Im Zweifel können den unteren Ankerpunkt auch erst mal auf dem voreingestellten Wert belassen und später in einem “Feinschliff” daran optimieren.
Das große Problem beim Optimieren des “kalten Endes” der Heizkurve sind aber die Umgebungsbedingungen. Typische Werte für den unteren Ankerpunkt liegen bei -5°C bis -15°C. Diese Temperaturen treten in Deutschland nicht sehr häufig auf und wenn, dann meistens nur wenige Tage. Deshalb sind die Gelegenheiten rar, bei denen man am kalten Ende der Heizkurve optimieren kann. Versuchen Sie es deshalb, wann immer sich die Gelegenheit bietet.
Schritt 3: wiederholen Sie Schritt 1 & 2.
Wenn Sie die Heizkurve an einem Ende ändern, verändert sich auch die Steigung der Gerade und zuvor gefundene Einstellungen am anderen Ende sind dann womöglich wieder zu hoch oder zu niedrig.
Der einzige Ausweg: Versuch und Irrtum! Tasten Sie sich an das Optimum ran!
Da sich die Außentemperaturen ständig ändern und Sie jedes Mal einige Tage warten müssen, bis sich die Auswirkungen zeigen, kann sich dieser Prozess Monate hinziehen. Möglicherweise werden Sie in einer Heizsaison gar nicht fertig damit.
Schritt 4: die Spreizung anpassen.
In sehr effizienten Gebäuden kann man mit den oben beschriebenen Schritten eine Vorlauftemperaturen von unter 30°C erreichen. Dann wird die Spreizung relevant.
Wärme wird nur übertragen, wenn eine Temperaturdifferenz jeweils zwischen der den Heizrohren, dem Estrich, der Bodenoberfläche und der Luft besteht. Werden diese Differenzen sehr klein, was bei effizienten Häusern möglich und wünschenswert ist, dann kann auch die
Dazu nochmals die Grafik aus dem betreffenden Kapitel auf der vorherigen Ausgabe (die Temperaturen sind nur Beispiele):
Reduziert man nun in diesem Beispiel die Vorlauftemperatur auf 26°C, kann die Rücklauftemperatur nicht im gleichen Maße auf 21°C sinken, weil dann über einen großen Teil des Fußbodens keine Wärme mehr abgegeben werden kann.
Folgendes Beispiel zeigt eine Fußbodenheizung mit sehr geringer Vorlauftemperatur:
Man erkennt, dass die Spreizung reduziert werden muss, damit sich noch ein Wärmefluss einstellt. Die gezeigten Temperaturen dürften das Minimum sein, das überhaupt erreichbar ist. Darunter geht es kaum.
Falls es ein Leser doch schafft darunter zu kommen - ich freue mich auf einen Erfahrungsbericht!
Nicht alle Wärmepumpen erlauben eine gezielte Wahl der Spreizung, manche nennen den Wert auch “Delta-T” oder ähnliches. In jedem Fall ist es wichtig sich darüber gezielt Gedanken zu machen, wenn man in einem hocheffizienten Haus mit sehr geringen Vorlauftemperaturen arbeitet.
Letzter Schritt: die ultimative Herausforderung.
Im letzten Schritt ist das Ziel auf die Thermostate komplett zu verzichten, die sogar technisch zu deaktivieren. Ob Sie dieses Ziel erreichen können und wollen, hängt von einigen Faktoren ab. Aber zunächst, wie man dahin kommt:
Wenn sie die oben beschriebenen Schritt immer wieder durchlaufen und bei einer sehr niedrigen und flachen Heizkurve, womöglich mit reduzierter Spreizung, angelangt sind, setzt ein Selbstregeleffekt ein. Das System stabilisiert sich selbst.
Dazu obiges Beispiel mit niedriger Vorlauftemperatur und einer externen Wärmequelle, z.B. die Sonne, die durch Fenster scheint:
Zugegeben, ein etwas vereinfachtes und extremes Beispiel, aber es zeigt, wodurch der Selbstregeleffekt zustande kommt: wenn es wenig oder keine Temperaturdifferenz zwischen Vorlauf und der Raumluft mehr gibt, dann wird auch nur noch sehr wenig oder gar keine Wärme mehr übertragen.
Alle Heizungen haben diesen Selbstregeleffekt. Aber erst wenn die Vorlauftemperatur sehr niedrig und nur noch wenig über der Raumtemperatur liegt, ist er stark genug um allein die Kontrolle zu übernehmen.
Wenn Sie bei der Optimierung diesen Punkt erreichen, können Sie die Thermostate lahmlegen und das Gebäude ausschließlich über die Vorlauftemperatur steuern.
Wichtiger Hinweis: die in Deutschland üblichen Stellantriebe für Fußbodenheizungen sind bis auf ganz wenige Ausnahmen vom Typ “stromlos geschlossen”. Deshalb verbrauchen sie Strom, wenn sie offen sind. Wenn Sie den Punkt erreicht haben, dass Sie ohne Thermostate auskommen bzw. diese immer offen sind, macht es deshalb Sinn die Stellantriebe auch elektrisch komplett lahm zu legen und den Stromverbrauch einzusparen. Da sie ohne Strom zugehen, müssen Sie die Stellantriebe in diesem Fall abschrauben, siehe nachfolgendes Bild.
Im besten Fall lassen sich die Stellantriebe über eine eigene Sicherung vom Stromnetz trennen. Falls das nicht geht, sollten Sie eine Elektrofachkraft zu Rate ziehen, falls Sie das nicht selbst sind.
Zum Schluss: Die Überholspur für Leidensfähige.
Ein Leser hat mir geschrieben und hat mich nach den Werten meiner Wärmepumpe gefragt, die er 1:1 übernommen hat, um sie zu testen. Das brachte mich auf die Idee, dass man natürlich die Abkürzung nehmen kann, einfach sehr niedrige Werte einstellen, zu riskieren, dass man friert und sich von unten ans Optimum herantasten kann.
Wenn man es eilig hat und eine gewisse Leidensfähigkeit bzgl. kalten Raumtemperaturen mitbringt, kann man das natürlich machen.
Deshalb hier die Werte die ich bei meiner Wärmepumpe benutze:
Als Spreizung habe ich 3°C gewählt, die Thermostate sind alle deaktiviert und alle Ventile offen.
Wenn Sie diese Einstellungen ausprobieren wollen, dann können Sie das tun. Aber seien Sie gewarnt: wenn Ihr Haus weniger effizient ist als meines, dann werden Sie mit diesen Einstellungen sehr wahrscheinlich frieren. Also machen Sie mich bitte nicht verantwortlich, wenn Sie sich einen Schnupfen holen.
Damit möchte ich diese Ausgabe schließen. Ich hoffe Sie können die hier beschriebene Vorgehensweise nachvollziehen und für sich und den optimalen Betrieb Ihrer Wärmepumpe nutzen.
Wie immer sind Kommentare willkommen, gerne öffentlich unter diesem Blogeintrag oder direkt per Email.
Mit sonnigen Grüßen,
Andreas Winckler