„Wer nicht liebt, der lebt nicht“ sind frei übersetzt die Worte von Dr. Felice Leonardo Buscaglia (If you miss love, you miss you life). Der in Italien gebürtige amerikanische Professor der University of Southern California war der erste Inhaber eines Lehrstuhls, den es bisher nirgendwo auf der Welt gegeben hatte, den für LIEBE. Liebe als Thema der Wissenschaften, so etwas ist nur an einer Universität in den USA, in Kalifornien, möglich, werden Sie denken. Wo sonst sollte man sonst über Liebe forschen, wenn nicht um die Ecke von Hollywood, der Traumfabrik unzähliger Spielfilme, die der ganzen Welt immer wieder von dem Einen erzählen, das allein Menschen wirklich glücklich macht und Berge versetzen kann: Liebe. - Nun gibt es Leute, die lieben ein gutes Steak, den Sommer in Hamburg oder ihren Fußballverein. Ohne das Glücksgefühl der Betroffenen in Frage stellen zu wollen, muss man einfach feststellen, dass es oft nur sehr kurzlebig ist, vor allem der Sommer in Hamburg. Nun kann man viele Dinge des Alltags lieben, man kann die See lieben, die Berge oder seinen Garten, es trifft nur im Ansatz das Gefühl, was Buscaglia gemeint hat, was seit Menschengedenken das zentrale Thema der Dichter und Philosophen ist: Die Liebe zu einem Menschen als universelle Kraft, die die Welt verändert.
Vor 200 Jahren schrieb der Dichter Johann Wolfgang von Goethe in seinen römischen Elegien: „Eine Welt zwar bist du, o Rom; doch ohne die Liebe wäre die Welt nicht die Welt, wäre denn Rom auch nicht Rom“ (I. römische Elegie). Auf einer Reise nach Rom wird für Goethe die Geschichte des römischen Reiches wieder lebendig. Er ist beeindruckt von der antiken Stadt mit ihren Gebäuden, Plätzen, Tempeln und Statuen und der römischen Poesie. Dieses alles bekommt aber erst Leben für ihn, als er in den Armen der Geliebten liegt. In der berühmten V. Elegie schreibt er: „… wenn ich des lieblichen Busens Formen spähe, die Hand leite die Hüften hinab, dann versteh’ ich den Marmor erst recht: ich denk’ und vergleiche, sehe mit fühlendem Aug’, fühle mit sehender Hand“… und „… oftmals hab’ ich auch schon in ihren Armen gedichtet und des Hexameters Maß leise mit fingernder Hand, ihr auf den Rücken gezählt…“. Als Goethe 1788 von seiner Romreise zurückkehrt, lernt er die 23jährige Christiane Vulpius kennen. Sie wird die große Liebe seines Lebens. Durch die Liebe zu ihr wird für ihn Rom zu Rom und die Welt zur Welt. Er schreibt die römischen Elegien.
Jeder von uns kennt diesen Zustand, wenn man in Liebe für einen anderen Menschen brennt. Man schwebt auf Wolke Sieben und hat eine rosarote Brille auf. Physiologisch und psychologisch wissen wir genau, was in einem abläuft, wenn man „so“ ist. Die Werbe-Wirtschaft gibt jedes Jahr Milliarden aus, um diesen Zustand kommerziell zu nutzen. Jeden Tag werden wir über Attribute von Liebe verführt, aber nicht zur Liebe, sondern zum Konsumieren. Sexy Damenunterwäsche, das männlich herbe Herren Deo oder ein frisch gezapftes Bier, alle drei von knackigen jungen Leuten vorgeführt, suggerieren ein Gefühl des „als ob“. Es funktioniert, weil der Mensch sich nach Liebe sehnt. Durch das unmenschliche Tempo der Leistungsgesellschaft – funktionieren, um zu konsumieren – bleibt kaum noch Zeit für die Liebe. Man ist zufrieden mit dem, was ist und reduziert sie auf ein Nischendasein in der Jugend. Später irgendwann schaffen es einige, meistens in der zweiten Lebenshälfte, sich von der Liebeslüge des „als ob“ zu lösen. Sie werden religiös oder wenden sich der Spiritualität zu. Liebe rückt wieder in den Lebensmittelpunkt, wird aber eher im Platonischen gelebt.
Eine Diskussion darüber, welche Form der Liebe denn nun die wahre sei, führt zu nichts. Gefühle lassen sich nicht vergleichen. Platon selbst sagt, dass ohne die erotische Liebe die geistige und spirituelle nicht erfahrbar ist. Goethe erfährt erst in der Umarmung der Geliebten die schöpferische Kraft, die ihn seine Welt voller Schönheit und Sinn erschaffen lässt. Für den Dichter ist das Feuer der erotischen Liebe die Quelle aller schöpferischen Energie. Die Neuro-Biologie hat inzwischen den wissenschaftlichen Beweis erbracht, dass die Welt immer nur so ist, wie wir sind.
Wer das nicht glauben will, kann es nachlesen, falls er Zeit zum Lesen hat. Man kann aber auch gleichgültig mit den Schultern zucken und sich fragen: Muss ich das wissen? Gleichgültigkeit ist das Gegenteil von Liebe, nicht Hass, sagt Buscaglia. Die einfachste, schönste und nachhaltigste Art und Weise herauszufinden, ob wir tatsächlich unsere Welt selbst erschaffen, ist zu lieben, wie Goethe es beschrieben hat. Es beginnt damit, dass wir uns an unsere Träume erinnern und sie wieder lebendig werden lassen. Schenken Sie einem anderen das Gefühl, was Sie sich für sich selbst wünschen. Schenken Sie ohne Angst vor Zurückweisung und ohne Hintergedanken ein Kuss- oder Herz-Emoticon, ein Strauß Blumen, ein Lächeln oder ihre Hand. Führen Sie den „guten Kampf“ um Ihre Träume, wie Paolo Coelho es genannt hat. Lieben und geliebt werden ist der schönste von allen. Tun Sie das erste, und das zweite wird folgen. Die Belohnung ist eine Welt, in der Sie glücklich sein können. Sie ist kein Zufallsprodukt. Sie haben sie erschaffen.